Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) soll ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff und damit verbunden ein neues Begutachtungsinstrument (neues Begutachtungsassessment – NBA) zur Feststellung von Pflegebedürftigkeit eingeführt werden. Die bisherige Unterscheidung zwischen Pflegebedürftigen mit körperlichen Einschränkungen einerseits und mit kognitiven und psychischen Einschränkungen (insbesondere Demenzkranke) andererseits wird dadurch wegfallen. Im Zentrum stehen die persönlichen Beeinträchtigungen und Fähigkeiten jeder oder jedes Einzelnen. Dadurch wird die Pflegeversicherung auf eine neue Grundlage gestellt mit dem Ziel, eine bessere Berücksichtigung der individuellen Situation von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen und einen Abbau von Unterschieden im Umgang mit körperlichen und geistigen Einschränkungen zu ermöglichen.
Statt drei Pflegestufen wird es künftig fünf Pflegegrade geben, die der individuellen Pflegebedürftigkeit besser gerecht werden. Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit soll nicht mehr zwischen körperlichen, geistigen und psychischen Beeinträchtigungen unterschieden werden. Für die Pflegebedürftigkeit ausschlaggebend ist der Grad der Selbständigkeit und damit verbunden die Frage, was jemand noch alleine kann und wo er oder sie Unterstützung benötigt – unabhängig davon, ob es Demenzkranke oder Menschen mit körperlichen Einschränkungen betrifft. Ausgehend von der Selbständigkeit einer Person wird das Stadium der Einschränkung in fünf Grade eingestuft, von geringer Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten (Pflegegrad 1) bis zur schwersten Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten, die mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung einhergeht (Pflegegrad 5).
Um den Grad der Selbständigkeit einer Person zu messen, wird das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten nach pflege fachlich begründeten Kriterien in sechs Bereichen untersucht. Das NBA berücksichtigt erstmals auch den besonderen Hilfe- und Betreuungsbedarf von Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen. Bei dem neuen Begutachtungsinstrument wird nicht wie bei der bisher geltenden Methode die Zeit gemessen, die zur Pflege der jeweiligen Person durch Familienangehörige oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson benötigt wird, sondern es wird nach einer Pflege fachlich begründeten Systematik durch Punkte abgebildet, wie weit die Selbständigkeit und die Fähigkeiten einer Person eingeschränkt sind. Anhand der Ergebnisse der Prüfung werden die Pflegebedürftigen in einen der fünf Pflegegrade eingeordnet. Dies bestimmt auch die Leistungen der Pflegekassen.
Ambulante Pflegeversicherung bis 31.12.2016
Pflegegeld Sachleistung Teilstationäre Pflege
Pflegestufe 0
mit eingeschränkter Alltagskompetenz |
123,00 € |
231,00 € |
231,00 € |
Pflegestufe 1 |
244,00 € |
468,00 € |
468,00 € |
Pflegestufe 1
mit eingeschränkter Alltagskompetenz |
316,00 € |
689,00 € |
689,00 € |
Pflegestufe 2 |
458,00 € |
1.144,00 € |
1.144,00 € |
Pflegestufe 2
mit eingeschränkter Alltagskompetenz |
545,00 € |
1.298,00 € |
1298,00 € |
Pflegestufe 3 |
728,00 € |
1.612,00 € |
1.612,00 € |
Pflegestufe 3
mit eingeschränkter Alltagskompetenz |
728,00 € |
1.612,00 € |
1.612,00 € |
Härtefall |
728,00 € |
1.995,00 € |
1.612,00 € |
Pflegestufe bis 31.12.2016 Pflegegrade ab 1.1.2017
Pflegestufe 0 mit eingeschränkter Alltagskompetenz → Pflegegrad 2
Pflegestufe 1 |
Pflegestufe 1 mit eingeschränkter Alltagskompetenz → Pflegegrad 3
Pflegestufe 2 |
Pflegestufe 2 mit eingeschränkter Alltagskompetenz → Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 |
Pflegestufe 3 mit eingeschränkter Alltagskompetenz → Pflegegrad 5 |
Ambulante Pflegeversicherungsleistungen ab 1.1.2017
Pflegegeld Sachleistung Teilstationäre Pflege
Pflegegrad 2 |
316,00 € |
689,00 € |
689,00 € |
Pflegegrad 3 |
545,00 € |
1.298,00 € |
1.298,00 € |
Pflegegrad 4 |
728,00 € |
1.612,00 € |
1.612,00 € |
Pflegegrad 5 |
901,00 € |
1.995,00 € |
1.995,00 € |
Der Pflegegrad 1 ist die niedrigste Stufe der Pflegebedürftigkeit und kommt für Menschen in Frage, die die Grundbedingungen für die Pflegestufe 0 bislang nicht erfüllt hatten. Das heißt, dass mit dem neuen Pflegestärkungsgesetz prinzipiell mehr Menschen als Pflegebedürftige gelten und somit die Chance auf eine Unterstützung seitens der Pflegeversicherung haben.
Ein allgemeiner Irrtum ist, dass Menschen, die unter Pflegestufe 0 gefallen sind, nun in den Grad 1 eingeteilt werden. Wie oben schon verdeutlicht, befinden sich Menschen der Pflegestufe 0 ab 2017 im Grad 2.
Der Pflegegrad 2 entspricht der Pflegestufe 0 und der Pflegestufe 1 ohne eingeschränkte Alltagskompetenz. Im Unterschied zu den Pflegestufen wird man dem Pflegegrad 2 bereits mit einem geringeren Zeitaufwand an Pflege zugeordnet, was ein Entgegenkommen gegenüber den Pflegebedürftigen ist. Es wird, genau wie in allen folgenden Pflegegraden, jedoch noch einmal zwischen Pflegebedürftigen mit und ohne eingeschränkter Alltagskompetenz unterschieden, was sich auch auf die Pflegeleistungen auswirkt.
Dem Pflegegrad 3 entsprechen die noch bis Ende 2016 gültigen Pflegestufen 1 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 2 (ohne eingeschränkte Alltagskompetenz). Konsequenz ist, dass Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz, die bislang unter die erste Pflegestufe gezählt wurden, nun von höheren Pflegeleistungen nutznießen können.
Menschen, die Pflegeleitungen der Pflegestufe 2 (mit eingeschränkter Alltagskompetenz) und 3 in Anspruch genommen hatten, werden nun dem Pflegegrad 4 zugeteilt. Wiederum bedeutet dies eine höhere Einstufung von Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz.
Der Pflegegrad 5 ist der höchste Pflegegrad. Diesem Grad werden Menschen zugeordnet, die zuvor der Pflegestufe 3 entsprachen beziehungsweise unter die Definition „Härtefall“ gefallen sind. Mit diesem Begriff werden Menschen bezeichnet, die einen außergewöhnlich hohen Pflegeaufwand erfordern. In diesem Grad wird hinsichtlich der Pflegeleistungen kein Unterschied zwischen Menschen mit und ohne eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten gemacht.